Das Handy zur Hand nehmen, die gewünschte Nummer wählen – und dann hören wir schon das Freizeichen. Am Laptop oder Tablet eben mal schnell ins Internet gehen. Beides ist für uns heute absolut selbstverständlich. Damit das reibungslos funktioniert, müssen immer ausreichend Kapazitäten im Telekommunikationsnetz vorhanden sein. Das bedeutet zum Beispiel: genügend freie FTTH-Ports oder DSLAM-Anschlüsse, um neue Kunden ans Netz anschließen zu können.
Jeder Telekommunikationsbetreiber verfügt über das hierfür notwendige Kapazitätsmanagement – auch die Sunrise UPC GmbH mit Sitz in Zürich. Sie ist der zweitgrößte Schweizer Telekommunikationsanbieter mit einem der größten Glasfasernetze der Schweiz im ganzen Land. Das Kapazitätsmanagement war und ist hier eine der Kernaufgaben der Netzingenieure: eine ressourcenintensive Aufgabe, die lange Zeit fast vollständig händisch betrieben wurde und insgesamt ca. 200 Manntage pro Jahr in Anspruch nahm.
Aufgrund dieses hohen manuellen Aufwands diskutierte das Team um Marek Kulesza bereits seit dem Jahr 2013 die Idee, ein stärker automatisiertes und zentralisiertes System für das Kapazitätsmanagement einzuführen (CMIS – Capacity Management Information System). 2016 wurde diese Aufgabe schließlich aktiv in Angriff genommen – eine zentrale Managementlösung sollte künftig für alle Netzwerkdomänen zur Verfügung stehen und das Technikteam nachhaltig entlasten.
Eine erste Marktanalyse zeigte, dass es zwar fertige Standardlösungen am Markt gab. Diese erfüllten jedoch nicht alle Anforderungen, die das Sunrise-Team an die gewünschte Lösung hatte. Insbesondere eine Funktion fehlte vielen Standard-Produkten: die Fähigkeit, Daten aus bereits vorhandenen Systemen zu verwenden – z. B. die gut gepflegten Inventar- und Bestandsdaten zur Netzwerkinfrastruktur – und für weitere Analysen sinnvoll aufzubereiten. Dies ist umso wichtiger, da Sunrise bei seiner Netzwerk-Infrastruktur einen Multivendor-Ansatz verfolgt. Hier kommen Geräte, Einsteckkarten, Software usw. verschiedener Hersteller zum Einsatz, entsprechend hoch ist die Komplexität der Hardware vor Ort. Eine automatisierte Lösung sollte hier die Übersichtlichkeit und damit auch die Planbarkeit verbessern.
Maßgeschneiderte Lösung statt Ware von der Stange
Da die Standardprodukte am Markt nicht alle Kriterien erfüllten, fiel die Entscheidung, gemeinsam mit einem externen Partner eine eigene maßgeschneiderte Lösung zu schaffen. Im Zuge einer Ausschreibung wurden dafür vier Anbieter eingeladen und nach einer dreimonatigen Evaluationsphase stand schließlich die TIMETOACT als Partner fest. Neben der richtigen Kombination aus den gewünschten Funktionen im vorgegebenen Budgetrahmen konnten die Experten von TIMETOACT dadurch überzeugen, dass sie ein Lösungskonzept vorlegten, mit dem sie die vorhandenen Daten zur Netzwerkinfrastruktur sinnvoll nutzbar machten. Auch die Vertrauensbasis war schon gelegt: TIMETOACT arbeitete bereits seit zehn Jahren erfolgreich für Sunrise, vornehmlich im Bereich IT-Monitoring-Lösungen.
Das Sunrise CMIS – Lösungsdesign und Aufbau
Nachdem die Entscheidung gefallen war, stellten Sunrise und TIMETOACT ein gemeinsames Kernteam auf, das aus jeweils zwei Mitarbeitern beider Unternehmen bestand. Diese sollten das Projekt gemeinsam mit einem erweiterten Team von zehn bis zwölf Personen vorantreiben und das neue Sunrise CMIS implementieren, das sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Die Lösung sieht wie folgt aus:
Die bestehenden Bestandsdaten zur Netzwerkinfrastruktur werden zunächst mit PDI (Pentaho Data Integration) extrahiert und so aufbereitet, dass klare und schnelle Entscheidungen in der Kapazitätsplanung möglich werden. PDI ist eine bewährte Open-Source-Software für ETL-Aufgaben (ETL – Extract, Transform, Load). Sie kann Daten aus den unterschiedlichsten Datenquellen (Datenbanken, Excel, REST, Mail usw.) auslesen, in ein einheitliches Format transformieren und dann für die weiteren Analysen in einer Zieldatenbank ablegen. Neben den Bestandsdaten zur Netzwerkinfrastruktur werden auch weitere Datenquellen wie beispielsweise Monitoringdaten (z. B. zur Auslastung von Netzabschnitten) in diesem Prozess ausgewertet und zusammengeführt.
Im nächsten Schritt kommt IBM Cognos zur Analyse der zuvor vereinheitlichten Daten zum Einsatz. Die Daten werden grafisch und leicht verständlich in Dashboards dargestellt. Hierzu bietet IBM Cognos eine Vielzahl von Visualisierungsmöglichkeiten: Den Anwendern stehen verschiedenste Chart- und Tabellen-Optionen zur Verfügung. Außerdem können auch die Endanwender bei Bedarf zusätzliche Filter anwenden oder weitere Berechnungen erstellen. So können für jeden Einsatzbereich passende Reports erstellt und bestehende weiter angepasst werden.
Der initiale Aufbau und die Implementierung der ersten Anwendungsfälle dauerte rund ein Jahr. Zunächst wurde das Kapazitätsmanagement für das IP-Netzwerk im neuen System abgebildet. In einer zweiten Phase wurden weitere Netzwerkdomänen und Einsatzfelder ergänzt, beispielsweise das Mobile Backhaul. Diese zweite Implementierungsphase nahm circa ein halbes Jahr in Anspruch.
Dass wir den Kunden und seine Netzwerkumgebung bereits lange Zeit kannten, hat den Erfolg und die reibungslose Implementierung sehr positiv beeinflusst. Unsere Teams haben nahtlos und sehr produktiv zusammengearbeitet, sodass wir dieses komplexe Projekt in einem relativ kurzen Zeitraum erfolgreich umsetzen konnten. Selbst kleinere Hürden wie Mitarbeiterwechsel auf Kundenseite konnten wir gemeinsam nach einer schnellen Reorganisation des Teams auffangen. Diese gute Zusammenarbeit hat dazu beigetragen, dass wir das Projekt im vereinbarten Zeit- und Budgetrahmen abschließen und ausrollen konnten.
Jeanette Fürst Director SalesTIMETOACTFertige Lösung – Technische Details und Vorteile im Betrieb
„Mit dem Sunrise CMIS wurde das Kapazitätsmanagement deutlich vereinfacht. Anwender auf den unteren und mittleren Management-Ebenen können die vom System erstellten Berichte sofort nutzen und benötigen keinerlei tiefere Fachkenntnisse – sie sind einfach über Dashboards abrufbar. In einigen Einzelfällen werden auch Rohdaten in Excel-Dateien zusammengefasst – dies ist aber nur für entsprechend versierte Anwender vorgesehen. Zudem generiert das System automatisch Mails, die den Empfängern spezifische Probleme übersichtlich zusammenfassen und notwendige Aktionen auflisten. Mit diesen Informationen werden frühzeitig Kapazitätsengpässe aufgezeigt und es kann dementsprechend gehandelt werden“, erklärt Ralf Grewe, Senior Solution Architekt bei TIMETOACT.
Auch die gewünschten Einsparungen konnten erzielt werden. Seit die neue Lösung im Einsatz ist, konnte Sunrise 120 Manntage pro Jahr einsparen, die früher für die aufwendige und manuelle Erstellung von Reports notwendig waren. Dadurch wurden wertvolle Kapazitäten frei, die nun für anspruchsvollere Aufgaben und die Weiterentwicklung des Netzes zur Verfügung stehen.
„Dank des Sunrise CMIS und der Unterstützung durch OpenAdvice konnten wir von Beginn an erhebliche Entlastungen in der Tagesarbeit verzeichnen“, erläutert Marek Kulesza, Lifecycle Manager Operational Support System (OSS) bei Sunrise. „Die meisten Einsparungen erzielen wir durch die Automatisierung der notwendigen Berechnungen und Reports. Das System generiert bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte zudem automatisch Warnmeldungen und sendet sie an die Techniker, sodass diese entsprechend gegensteuern können. Das heißt, wir erkennen Probleme frühzeitiger und können sie rechtzeitig beheben. Dadurch betreiben wir unser Netz heute quasi fehlerfrei“, schließt Marek Kulesza.
Durch das Sunrise CMIS konnten zudem viele Verbesserungen auf technischer Ebene erzielt werden. Das CMIS sammelt und speichert Daten aus nahezu jedem Segment des IP-Netzes. Zusätzlich kalkuliert es automatisch die Anzahl der genutzten IP-Adressen sowie die Backhaul-Kapazität.
Weiterhin überwacht Sunrise mit dem CMIS die Nutzung von Hard- und Software-Lizenzen. Das CMIS berechnet, wie sich die Lizenznutzung in der Zukunft entwickeln wird und erlaubt so eine saubere Vorausplanung. Das spart zusätzlich Budget, da keine unnötigen Lizenzen im Voraus gekauft werden müssen, nur um auf der sicheren Seite zu sein.
Insgesamt konnten wir dank des neuen CMIS unsere Datenqualität und Planungssicherheit deutlich steigern. Einer der wichtigsten Vorteile ist, dass die neue Lösung nun auch Vorhersagen über die in Zukunft benötigten Ressourcen treffen kann. Das konnte die alte, manuelle Lösung nicht. Das erleichtert unseren Teams die Kapazitätsplanung und Budgetsteuerung erheblich. Die Automatisierung vieler früher manuell betriebener Prozesse hat bei uns viele Fachkräfte entlastet, deren Ressourcen wir nun an anderen Stellen sinnvoller einsetzen können.
Marek Kulesza Lifecycle Manager OSSSunriseZukunftssichere Lösung
Nach der erfolgreichen Einführung hat sich das Sunrise CMIS zu einer wichtigen Stütze im Arbeitsalltag entwickelt – das Team verlässt sich jeden Tag auf die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems.
Ein weiterer Ausbau der Lösung ist bereits geplant. Neben der Einbindung weiterer Domänen soll das Sunrise CMIS durch maschinelles Lernen (ML) noch effizienter werden. Die ML-Funktionen sollen dann unter anderem dazu dienen, die Qualität der Vorhersagen weiter zu steigern. Die hierzu notwendigen ML-Fähigkeiten sind in IBM Cognos bereits integriert, zusätzliche Software ist nicht nötig.
Insgesamt bietet das Sunrise CMIS alle Funktionen, die in der näheren Zukunft benötigt werden. Dazu trägt auch bei, dass IBM Cognos Analytics als „Herz“ der Lösung durch regelmäßige Updates immer leistungsfähiger wird. Jedes Jahr erscheinen mehrere neue Releases, die nicht nur Fehlerkorrekturen, sondern auch viele neue Funktionen zur Verfügung stellen. Damit ist die Sunrise UPC GmbH auch für künftige Anforderungen bestens gerüstet und das Sunrise CMIS wird für lange Zeit das Rückgrat des Sunrise-Netzwerkes sein. Die Kunden können so auch in Zukunft sicher sein, dass sie problemlos telefonieren und im Internet surfen können.